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Der Effekt der so genannten Kathodenzerstäubung (auch Katodenzerstäubung, englisch sputtering und eingedeutscht Sputtern) wurde erstmalig 1852 vom englischen Physiker Grove beschrieben. In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgten sehr umfangreiche physikalische Untersuchungen dieses Phänomens, die in den siebziger Jahren in die eigenständige Technologie dünner Schichten Eingang fanden. Heute ist die Beschichtung mittels Sputtern ein fester Bestandteil vieler Produktionsprozesse. Wichtige Einsatzgebiete der Sputtertechnologie sind die Optik (z.B. Architekturglas, Reflektoren, Linsen), die Optoelektronik (Solarzellen, Photodioden), die Elektronik (z. B. Mikrochips, Flüssigkristall-Displays LCD), die Speichertechnik (z. B. Laserdisk, MO-Medien), der Oberflächenschutz (Werkzeuge, Maschinenteile) oder die Barrieretechnik (Diffusionsbarrieren z. B. in flexiblen Verpackungen). Die Begriffe Sputterschichten, Sputtern, gesputterte Schichten, Sputter-PVD oder Sputterbeschichten sind gängige Synonyme für das Verfahren.
Die im Plasma vorhandenen Ionen (zumeist des Edelgases Argon) treffen mit hoher Energie auf die negativem vorgespannte Kathode (englische Bezeichnung Target). Dort stoßen sie zunächst auf ein Atom des Kathodenmaterials (Primärstoß). Wie bei dem Eröffnungsstoß eines Billardspiels gibt das angestoßene Atom jetzt seinen Impuls an seine Nachbaratome der Kathode weiter (Sekundärstöße). Durch die nachfolgenden weiteren Stöße entwickelt sich im Atomgitter eine so genannte Stoßkaskade, die unter Umkehrung des ursprünglichen Impulses zur Emission oberflächennaher Atome führt (sputter-ejection). Diese gesputterten (oder gestäubten) Atome bilden die Bausteine für die wachsende Schicht. Für das Wachstum der Schicht sind noch zwei weitere Effekte bedeutsam. Ein Teil der Argon-Ionen wird (abhängig von der atomaren Masse des Targets) in Form von Atomen reflektiert. Bei der Umwandlung der einfallenden Ionen in Atome (Rekombination) entstehen sekundäre Elektronen, die zur Erhaltung des Plasmas beitragen.
Die gesputterten Atome besitzen eine Vorzugsrichtung senkrecht zur Targetoberfläche und treten mit typischen Geschwindigkeiten von einigen km/s bis zu einigen 10 km/s aus. Für den Fall kleiner Drücke (kleiner Abstände zwischen Target und Werkstück) treffen die Atome ohne zwischenzeitliche Kollision mit Argonatomen der Sputteratmosphäre auf das Werkstück (Ballistischer Transport), wobei ihre ursprüngliche hohe Energie erhalten bleibt. Für große Drücke (und große Abstände) erleiden die gestäubten Atome eine Vielzahl von Kollisionen und werden vollständig abgebremst (thermalisiert). Ihre "Erinnerung" an die ursprüngliche Flugrichtung geht verloren und sie breiten sich gleichmäßig in alle Raumrichtungen aus (diffusiver Transport). Deshalb besitzt das Produkt aus Druck und Abstand einen wesentlichen Einfluss auf die Eigenschaften von Sputterschichten.
Der Nutzung des Sputterns für technische Anwendungen wird erst durch den Einsatz von Sputter-Magnetrons (auch Magnetronquelle oder kurz Magnetron) möglich. Im einfachsten Fall des planaren Zirkularmagnetrons wird dabei ein Zentralmagnet über ein Joch mit einem Ringmagneten verbunden, das Target ist als Kreisscheibe ausgeführt. Über dem Target entsteht damit ein Magnetfeld in Form eines Halbtorus (ähnlich einem aufgeschnittenen Donut). In diesem Magnetfeld werden die sekundären Elektronen (blau) und Ionen (grau) und damit das Plasma eingefangen.
Durch den Magnetroneffekt steigt die Beschichtungsrate beim Sputtern (in Abhängigkeit vom Targetmaterial) auf Werte bis zu einigen 10 µm pro Stunde. Der Druck bei der Sputterbeschichtung kann bis auf einige Hundertstel Pascal (Pa) gesenkt werden. Als Target eignen sich prinzipiell alle Elemente (besonders Metalle und Halbleiter) und auch chemische Verbindungen wie Oxide, Nitride, Carbide. Durch Zugabe von z. B. Sauerstoff oder Stickstoff zur Sputteratmosphäre können auch mithilfe elementarer Targets dünne Schichten aus Verbindungen abgeschieden werden, was als reaktives Sputtern bezeichnet wird.